„Image ist das, was man braucht, damit andere denken, dass man so ist, wie man gern wär´.“ (Frank-Markus Barwasser)
Mit diesem pointierten Zitat bringt der deutsche Journalist und Kabarettist Frank-Markus Barwasser einen der größten Kommunikationsfehler auf den Punkt: Menschen wollen anders scheinen, als sie es in Wahrheit sind.
Ein Stückweit hat jeder von uns so einen „Schein“, den er oder sie nach außen präsentiert. Das ist normal, ja manchmal sogar ein Schutz der Privatsphäre. Und natürlich gibt es viele Situationen, in denen „erwartet“ wird, dass man sich an Regeln und Konventionen hält und nicht agiert wie zu Hause in den eigenen vier Wänden, in der ganz persönlichen Umgebung.
Doch viele Menschen versuchen, sich in der Öffentlichkeit die „Liebe“, „Achtung“, „Anerkennung“ und den „Respekt“ anderer zu erarbeiten, in dem sie sich bewusst wie ein anderer Mensch verhalten. Sie imitieren Kleidungsstil und Haarschnitt eines Vorbildes oder übernehmen dessen Wortwahl oder Sprachstil. Oder sie trainieren Gesten, die sie an einem anderen Menschen beobachtet haben und als erfolgreich empfinden. Und sie sagen gern in der Öffentlichkeit, was andere hören möchten, aber nicht, was sie selbst denken und fühlen. Sie sprechen selten Klartext und verwässern ihre Aussagen, um mit einer Meinung nicht anzuecken und sich möglichst wenig Zuhörer durch eine klare Positionierung zu verprellen. Kurz: Diese Menschen sind nicht sie selbst. Sie sind nicht authentisch. Und das spürt das Gegenüber in der Kommunikation – egal ob medial oder persönlich.
Doch wie entsteht eigentlich Authentizität?
Darüber kann man trefflich mit Psychologen und Wissenschaftlern streiten. Über zwei Millionen Einträge im Internet durchforsten oder das ganze einfach praktisch angehen? Authentizität entsteht dann, wenn Fühlen, Denken, Sprechen und Handeln alle dem gleichen Ursprungsbild entstammen. Also, wenn man das, was man fühlt, als Gedanken zulässt, es auch genauso so sagt, wie man es fühlt und denkt und dann passend zu seiner Aussage „agiert“. Das klingt ganz einfach, ist aber durchaus komplex. Vor allem, wenn man eben nicht in seinen eigenen vier Wänden und unbeobachtet ist, sondern wenn man in der Öffentlichkeit steht und mit Erwartungen, Meinungen und Vorstellungen anderer Menschen konfrontiert wird. Und häufig geht es aus politischen oder rechtlichen Gründen nicht, dass du genau das sagst, was du denkst, fühlst. Aber es gibt dennoch ein paar praktische Tipps, die einen Auftritt authentischer machen und helfen, mehr bei sich und mehr „man selbst“ zu sein.
„Was andere von dir denken, geht dich gar nichts an.“
Heißt übersetzt: Mach dir keinen Kopf, was in den Köpfen anderer vorgeht. Es gibt so viele Köpfe auf dieser Welt und in jedem Kopf wird anders gedacht. Du kannst es nie allen Menschen Recht machen, und du wirst nie alle Menschen von dir überzeugen. Lass den anderen ihre Köpfe und Gedanken und konzentrier dich darauf, was DU sagen und wie DU sein willst. Damit bist du übrigens schon gut beschäftigt.
Wenn du also z.B. eine Führungsposition einnimmst und es in den Kreisen dieser Führungskräfte üblich ist, mit großen Autos namhafter Marken ins Büro zu fahren, dir aber Umweltschutz und Sportlichkeit wichtiger sind, dann komm auch weiterhin mit deinem Rad zur Arbeit. Und denk nicht darüber nach, was die Kollegen jetzt von dir denken.
„Sei du selbst, andere gibt es schon genug!“
Heißt übersetzt: Finde heraus, was dich als Person, als Mensch ausmacht, was besonders an dir ist, wo du anders bist als andere. Mach diese Elemente in der Kommunikation und in deinem Auftritt zu einem Markenzeichen. Wenn du nie einen Anzug trägst oder Fliegen für dich nur lästige Insekten sind, dann trag bei einem öffentlichen Auftritt keines von beiden. Wenn du leidenschaftlicher Kletterer bist, dann verwende keine Sprachbilder aus der Malerei, sondern schaffe Bildbrücken aus deiner persönlichen Erfahrungswelt am Berg. Und wenn du eine klare eigene Meinung hast, dann steh dazu. Sag diese Meinung und sorg dafür, dass man dich hört und versteht. Warum solltest du den Mund aufmachen, wenn du etwas sagst, was viele andere auch irgendwie so „daherreden“. Sei mutig, und schwimm im Zweifel auch mal gegen den Strom, wenn du der Meinung bist, dass stromaufwärts der richtige Weg ist.
Wenn du z.B. auf einer Veranstaltung die Eröffnungsrede halten musst, Rhetorik aber nicht zu deinen Lieblingsdisziplinen gehört, dann steh dazu. Sag einfach, dass du kein Freund langer Reden bist und eröffne die Veranstaltung mit wenigen eigenen Worten, die du nicht vom Blatt abliest. Denn du bist weder Cicero noch Martin Luther King. Du bist du.
„Wenn Ihr´s nicht fühlt, Ihr werdet´s nicht erjagen“ (aus Goethes Faust)
Heißt übersetzt: Sag nur Dinge, zu denen du einen emotionalen Bezug hast, zu denen du in deinem Inneren Bilder, Werte und Gefühle findest. Wenn du selbst von Dingen nicht überzeugt bist, dann wirst du andere auch nicht überzeugen können. Authentizität heißt, dass man sagt, was man auch tatsächlich denkt und fühlt. Du wirst niemanden mit logischen Argumenten oder einer raffinierten Wortwahl überzeugen können. Und man wird dir auch nicht glauben, nur weil du eine ausgereifte Rhetorik an den Tag legst oder einer Kommunikationsagentur viel Geld dafür bezahlst, dass sie wohlklingende Botschaft entwickelt.
Wenn du im Auftrag eines Unternehmens oder einer Institution sprichst, dann wird es allerdings oft vorkommen, dass du persönlich nicht alles genauso so siehst, wie du es kommunizieren musst. In dem Fall hilft es, dass du dir einzelne Aspekte des Themas herauspickst, zu denen du uneingeschränkt „ja“ sagen kannst. Stell diese Aspekte in deinem Statement nach vorne. Dinge, die du nicht uneingeschränkt bejahen kannst, setzt du weiter nach hinten. Das hilft, einen ersten authentischen Eindruck zu vermitteln, und es gibt dir Sicherheit.
Wenn du z.B. der Meinung bist, dass die neue Unternehmensorganisation, die du der Belegschaft kommunizieren sollst, an der ein oder anderen Stelle aus deiner Sicht noch nicht ganz ausgereift ist, dann fang nicht an, mit gespielter Überzeugung die neue Organisation verkaufen zu wollen. Betone stattdessen lieber die Stellen, in denen du persönlich zu den Vorteilen der neuen Struktur stehen kannst. Für Aspekte, mit denen du innerlich noch nicht einig bist, verwende weniger Worte und Aufmerksamkeit.
Authentizität lebt davon, dass ehrliche Gefühle, Einstellungen und Werte transportiert werden. Denn wer sagt, was er fühlt, spricht über innere Bilder. Diese inneren Bilder erzeugen eine bestimmte Haltung – wahrnehmbar in Mimik, Gestik, Körperhaltung oder Stimme. Mehr dazu findest du im Workbook Medientraining im Kapitel Lügendetektor der Kommunikation. Und genau diese innere Haltung kann dein Gegenüber „lesen“. Und wenn du zu diesen inneren Bildern und der daraus entstehenden Haltung die passenden Worte findest, bist du „Du selbst“ und damit authentisch. Die Musikerlegende Bob Dylan hat das Rezept für Authentizität noch schöner und einfacher auf den Punkt gebracht:
„ All I can do is be me, whoever that is.“